Strukturen in Zeiten der Digitalisierung

Veröffentlicht von Stefan Gebhardt am

“Digitalisierung müssen wir auch machen” – das ist inzwischen vielen Unternehmen klar. Mit einer neuen App für die Kunden und mehr Einsatz von Technologie ist es aber nicht getan. Das Unternehmen muss in seinen Fundamenten umgebaut werden. Strukturen müssen aufgebrochen werden.

Planungszyklen

Je größer das Unternehmen ist, desto mehr dreht sich um das “Geschäftsjahr”. Es gibt einen Jahresabschluß, geplant wird zum nächsten Geschäftsjahr – nach einem seit Jahren eingeübten Vorgehen: im Herbst werden die Projektes des Folgejahres gesammelt und abgestimmt. Jahresbudget wird bereitgestellt und das neue Jahr geplant. Das gibt Sicherheit und jeder im Unternehmen weiß, was im Folgejahr zu tun ist. So die Theorie.

Dummerweise verändert sich die Umgebung aber nicht mehr so langsam. Vor Jahren konnte man sich mit Innovationen noch Zeit lassen, heute verändert sich Märkte fast täglich. Startups und Mitbewerber bringen Neuerungen in immer schnelleren Zyklen auf den Markt. Geschäftsmodelle verändern sich schnell und disruptiv. Haben Experten in ihrem Themengebiet früher noch 5 oder 10 Jahre in die Zukunft geplant, traut sich mancher noch nicht einmal mehr zu, ein Jahr in die Zukunft zu schauen. Wenn man aber ein Gelände nicht kennt und es auch keine Landkarten gibt, dann kann man nur auf Sicht fahren. An jeder Kreuzung muss der Kurs überprüft werden. Eine auf Jahreszyklen ausgerichtete Planung wird somit immer der Realität hinterher hinken. Diese Lücke andauernd mit Krisenmanagement und ungeplanten Projekten zu stopfen, kann auf Dauer nicht gutgehen.

Dauerhafte Planung muss ein lebendiger Teil der täglichen Arbeit werden. Jahresplanungen gehören verbannt.

Strukturen der Organisation

Heutige hierarchische Strukturen fördern geradezu, dass in einem Unternehmen nicht zusammen gearbeitet wird. Abteilungen und Gruppen haben zunächst das primäre Ziel, sich selbst zu optimieren. So lange die Ziele der Organisationseinheit erfüllt sind, wird dies als positiv empfunden. Schnittstellen und Überschneidungen mit anderen Organisationseinheiten sind weniger im Fokus. Der Blick auf das gesamte Unternehmen und die Kunden gehen oft verloren.

Zu einer funktionierenden Organisationseinheit gehören möglichst wenige Fehler. Um diesen Zustand zu erreichen, ist Kontrolle ein verbreitetes Werkzeug. Eine Bremse für Veränderungen und Innovation. Kontrolle zu haben ist aber oft nur eine Illusion. Nicht eine Selbstorganisation der Mitarbeiter führt zu Kontrollverlust. Dieser ist meist bereits eingetreten durch zu wenig Eigeninitiative der Mitarbeiter.

Abteilungsstrukturen müssen einer gesamtheitlichen Prozesssicht mit Fokus auf den Kunden und den Gesamtzusammenhang weichen. Selbstorganisation und Zusammenarbeit auf Augenhöhe sind zu etablieren. Statt Kontrolle der Ergebnisse geben die Kundenbedürfnisse die Orientierung an denen sich alle ausrichten können.

Kommunikation und Wissen

Die Informationsmenge vermehrt sich exponentiell. Diese noch zu ordnen und die wirklich relevanten Informationen den richtigen Personen zur Verfügung zu stellen wird immer mehr ein Kampf gegen Windmühlen. Trotzdem wird Wissen immer noch gehortet, absichtlich oder unabsichtlich. Das beste Beispiel sind der persönliche Mail-Eingang und das Dateilaufwerk. Das gemeinsame Arbeiten an Themen wird massiv ausgebremst.

Vernetzung mit den Kunden ist oft noch ein Fremdwort. Es werden klar definierte, seit Jahren eingeübte Schnittstellen bedient. Ob sich Kundenbedürfnisse in der Kommunikation längst verändert haben, bekommt oft kaum jemand mit.

Wissen gehört geteilt und nicht gehortet. Unternehmen brauchen einen für jeden Mitarbeiter zugängliche offene Kommunikation, an der er sich beteiligen darf und auch soll. Die Vernetzung darf nicht an den Unternehmensgrenzen Halt machen. Vernetzung nach außen ist zu fördern. So werden Veränderungen viel schneller bemerkt und es kann darauf reagiert werden.

Fazit 

Traditionelle Unternehmen bewundern inzwischen oft Startups. Moderne Einrichtung und neue Arbeitsplatzkonzepte werden dann schnell in den Vordergrund gestellt und sollen das eigene Unternehmen dann innovativ machen. Eine neue Kultur entsteht aber nicht auf Basis einer neuen Einrichtung, sondern benötigt ein neues Fundament. Das Unternehmen muss bereit sein, sich von einer trägen und beharrenden Kultur zu einer veränderungsbereiten und offenen Kultur zu entwickeln. Dazu gehört es, alle bisherigen Strukturen in Frage zu stellen. Gute Teile sind beizubehalten, veraltete Strukturen aufzubrechen. Es ist kein Schalter, den man umlegen kann, sondern ein langer Weg. je eher man losgeht, desto eher kann man neue Perspektiven wahrnehmen.


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