Wir müssen agiler werden! Und dann?

Veröffentlicht von Stefan Gebhardt am

Ein modernes Management hat sicherlich das Wort “Agilität” im Gepäck. Hinterfragt man die Bedeutung dieses Buzzwords oder die dahinter stehende Vorgehensweise, wird das Ganze dann schon schwammiger.

Was ist denn diese Agilität?

Hinter der Aussage verbirgt sich regelmäßig eine Unzufriedenheit mit der Qualität, der Geschwindigkeit bei der Umsetzung von Projekten oder Produkteinführungen, der Kreativität oder der Teamarbeit. In der Softwareentwicklung scheint Agilität ja zu funktionieren (zumindest, wenn man es richtig macht), warum nicht also auch beim Management?

Tatsächlich gibt es viele positive Fallstudien. Belege im wissenschaftlichen Sinn jedoch keine (zumindest sind uns keine bekannt). Schon die Begriffsdefinition der Agilität ist gar nicht so einfach und eindeutig.

Somit bietet Agilität einen großen Interpretationsspielraum und keine festen Vorgaben. Das bedeutet im Schluss auch, dass jedes Unternehmen einen für sich passenden und individuellen Weg finden muss. Auf jeden Fall sollte Agilität ein konkretes Problem lösen und nicht ohne Bezug “einfach so” eingeführt werden.

Als Beispiel haben wir uns in einem älteren Beitrag mit der Agilität beim Projektmanagement beschäftigt.

Agilität kann ein erfolgreiches Modell sein, wenn sich in einem Unternehmen beispielsweise folgende Rahmenbedingungen wiederfinden:

  • Es wird eine langfristige Planung vorgegeben, die im laufe des Planungszyklus nur schwer angepasst werden kann.
  • Bei der Planung wird eine schlechte Informationsgrundlage genutzt, die z.B. auf persönlichen Befindlichkeiten, unklaren Messgrößen oder Durchsetzungsfähigkeit der Antragsteller basiert.

Nun will ein Unternehmen sich mit der Agilität beschäftigen. Wie geht es dabei vor?

Ein “big bang” ist der falschen Weg. Zunächst sollten erste Erfahrungen mit der Agilität gemacht werden. Es gibt keinen richtigen oder falschen Weg. Es gibt allerdings verschiedene “richtige” Wege für das Unternehmen, die ausprobiert werden wollen. Es bietet sich also an, zunächst ein konkretes Problem zu identifizieren. Anhand dieser Problemstellung kann man dann ein agiles, neues Modell erarbeiten und austesten.

Welche Schritte sind dazu sinnvoll?

  • Zunächst sollte man das nicht vorhandene Wissen akzeptieren. Klingt einfach, ist aber für viele Menschen eine neue Erfahrung – einfach einmal zugeben, dass man keine Lösung fertig hat.
  • Eine langfristige Detailplanung hilft nicht. Stattdessen sollte man gemeinsam ein Ziel definieren. Dies kann im laufenden Prozess immer wieder angepasst werden.
  • Die beteiligten Kollegen bilden gemeinsam eine Hypothese für den Weg zum Ziel. Diese Hypothese wird kontrolliert erprobt und das Ergebnis immer wieder gemeinsam kontrolliert. Hat sich die Hypothese als richtig gezeigt, wird der Weg weitergegangen.
  • Ein Scheitern wird von allen Beteiligten als Notwendigkeit, den richtigen Weg zu finden, akzeptiert (auch vom Management).
  • Eine Aufgabe wird in kleine, überschaubare Schritte aufgeteilt. Nach der Abarbeitung eines Schritts erfüllt eine erneute Standortbestimmung. Wenn nötig, wird nachkorrigiert.

Positive Veränderungen bei der Abarbeitung der Problemstellung kann man dann schrittweise in das Unternehmen hineintragen.

Agilität ist also die Fähigkeit, neue Wege zu erarbeiten und diese stetig anhand gemachter Erfahrungen zu entwickeln. Dies ist immer mit einer Änderung der Unternehmenskultur verbunden. Eine neue Unternehmenskultur verlangt wiederum persönliche Änderungen. Artikel dazu finden sich in diesem Blog ganz viele, z.B. hier. Oft sind die kulturellen Änderungen weitaus schwerer umzusetzen als die Agilität einzuführen ist.

Was sollte man dringend beachten?

Die nachfolgenden Punkte sollte man auf jeden Fall bei der Einführung der Agilität beachten:

  • Projekt, Produktentwicklung, Linientätigkeiten – fast alles lässt sich agil bearbeiten. Die Strategie des Unternehmens ist und bleibt aber eine Sache des Managements. Die Erarbeitung der Strategie kann natürlich auch agil ablaufen!
  • Agilität steht für eine freie Wahl des Weges und der Vorgehensweise. Das Ziel ist weiterhin in der Verantwortung des Managements.
  • Das agile Team muss die Verantwortung des Projekts oder Produkts bis zum Endkunden übernehmen. Mit allen Konsequenzen.
  • Agile Steuerung erfolgt nicht anhand von Zahlen, sondern von Ergebnissen. Controller mögen das nicht!
  • Die Aufgaben des Managements verändern sich. Mitarbeiter bekommen mehr Verantwortung. Beide müssen damit umgehen können. Ein Kulturveränderungsprozess ist zwingend nötig.

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